Stevia und zuckerfreie Süßigkeiten
Stevia ist eines der ältesten Süßungsmittel und wird seit Jahrhunderten aus den Extrakten der Steviapflanze hergestellt. Gleichzeitig polarisiert es wie kaum ein anderes Süßungsmittel. Wir gehen den Dingen auf den Grund und bringen Licht in die Angelegenheit.
Stevia – FAQ, die häufigsten Fragen
Ist Stevia gesund?
Stevia soll viele gesundheitsfördernde Vorteile haben, was vor allem in den ursprünglichen Herkunftsländern stark verbreitet ist: antibakteriell, gefäßerweiternd und damit blutdrucksenkend, positiv für den Blutzuckerspiegel, Hemmung von Zahnstein und noch viel mehr. Allerdings gilt in der Europäischen Union: Aussagen zu gesundheitlichen Wirkungen von Stevia oder Steviolglycosiden sind wissenschaftlich nicht bewiesen und daher auf Lebensmitteln zugelassen.
Ist Schokolade mit Stevia gesund?
Schokolade ohne Zuckerzusatz, die mit Stevia gesüßt wird, hat im Normalfall deutlich weniger Kalorien (Energie) als herkömmliche Schokolade mit Zuckerzusatz. Außerdem ist der Gehalt an Kakao bei dunkler Schokolade höher. Kakao enthält wertvolle pflanzliche Inhaltsstoffe.
Sind Süßungsmittel mit Stevia vegan?
Steviolglykoside als Süßungsmittel enthalten keine tierischen Inhaltsstoffe. Wir zeichnen Produkte nur dann als vegan aus, wenn der Hersteller für sein Produkt garantiert, dass es vegan hergestellt wurden. Für vegetarische Produkte gilt analog die gleiche Vorgangsweise.
Ist Stevia gut für den Darm und die Darmgesundheit?
Dazu gibt es noch wenig Studien. Eine Studie der Ben Gurion Universität aus 2020 rät dazu, Stevia nur maßvoll zu konsumieren und fordert weitere Studien ein, um einen abgesicherten Tageshöchstwert zu definieren. Wie immer gilt: ein zuviel ist ungesund.
“With reference to the effects identified in our study and the growing consumption of stevia, we urge that more studies be conducted to help further elucidate the effects of these sweeteners and to adjust the highest daily doses recommended today.”
Den Link zur Studie gibt es hier.
Kann man mit Stevia backen?
Ja, Stevia ist hitzestabil und backfähig. Allerdings süßt Stevia wesentlich stärker, daher unbedingt auf die Dosieranleitung achten! Wenn man mit Stevia bäckt, fehlt dem Teig zudem Masse, weil Stevia im Gegensatz zu Zucker kaum Volumen hat. Es benötigt daher spezielle Rezepte, die im internet oder in Stevia-Backbüchern verfügbar sind. Stevia schmeckt leicht nach Lakritze.
Stevia – die Geschichte dieses Süßungsmittels
Die süßende Wirkung der Stevia-Pflanze (wiss. Stevia rebaudiana) ist seit langer Zeit bekannt. Diese Pflanze stammt ursprünglich aus Paraguay und Brasilien und wird von der indigenen Bevölkerung seit jeher zum Süßen und als Heilpflanze genutzt. Die lokale Bezeichnung lautet ka’a he’ẽ (Süßkraut), Getränke und vor allem Mate werden damit gesüßt. Moisés Santiago Bertoni, ein schweizer, italienischsprechender Botaniker aus Lottinga/Tessin, beschreibt die Stevia-Pflanze erstmals im Jahr 1899 gemäß den damaligen wissenschaftlichen Regeln. Damit erlangte die Pflanze und ihre Eigenschaften eine größere Wissenschaftsgemeinde in Europa. Die Stevia-Pflanze trägt seither den wissenschaftlichen Namen Stevia rebaudiana Bertoni, nach ihrem wissenschaftlichen Beschreiber.
Bereits im 16. Jahrhundert kam erstmals die Kunde eines süßendes Krauts nach Europa: die spanischen Konquistadoren berichteten nach ihrer Rückkehr nach Europa von “Eingeborenen, die ihren Kräutertee mit Stevia süßen”. Zuckerfrei und dennoch süß war zu diesen Zeiten jedoch noch kein breitenwirksames Thema, das Übermaß an Zucker und Kalorien hat erst deutlich später eingesetzt und damit auch der Wunsch nach einer gesunden, angepassten Ernährung.
Seit den 1930er-Jahren wird Stevia in großem Ausmaß in Paraguay und Brasilien angebaut, seit den 1950er-Jahren auch in Europa. In den 1970er-Jahren wurde Stevia als zuckerfreies Süßungsmittel für zuckerfreie Süßigkeiten erstmals in Japan und in China zugelassen. Im Dezember 2011 wurde schließlich mit der EU-Zulassung Stevia auch in der Europäischen Union marktfähig, konkret Stevioglycoside mit mindestens 95 % Rebaudiosid-A-Anteil. Die Pflanzenteile und Blätter selbst dürfen nicht vermarktet werden, da noch nicht alle Inhaltsstoffe der Pflanze bekannt sind. Diese Zulassung fand gegen großen Widerstand der Zuckerhersteller statt, ein starker Befürworter des Süßungsmittels Stevia für zuckerfreie Getränke war der Getränkehersteller Coca Cola, welcher einige Patente auf dieses zuckerfreie Süßungsmittel angemeldet hat. Stevia läuft in der EU unter der Nummer E960 und muss auf dem jewiligen Produktetikett angeführt werden.
Die Botanik der Stevia-Pflanze
Die Stevia-Pflanze weist folgende Eigenschaften auf:
- Krautiger Wuchs
- Mehrjährig (Staude)
- Nicht winterhart
- Wuchshöhe 70 – 100 cm
- Weiße Blüten
- Süßkraft 30 – 300 mal stärker als Rübenzucker
- Äußerst kalorienarm
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Die Stevia-Pflanze hat eine Lebensdauer von rd. 6 Jahren, in dieser Zeit kann jährlich geerntet werden. In kälteren Klimazonen überlebt die Pflanze den Winter nicht und muss daher jedes Jahr neu kultiviert werden. Dazu werden die Keimlinge in warmen Gewächshäusern vorgezogen, danach ausgepflanzt und in der Zeit zwischen Juni und Oktober geerntet.
Die Wurzeln dringen nur flach in den Boden ein (max. 25 cm) und sind walzenförmig, wobei die Pflanze kaum Feinwurzeln ausbildet. Alle Wurzeln entspringen einem einzigen, gemeinsamen Wurzelstock, der auch die Basis für die neuen Triebe bildet. Die Blätter werden 5 – 8 cm groß, die Stengel sind behaart. Die Stevia-Blüten werden windbestäubt und teilweise auch durch Fluginsekten bestäubt. Insgesamt keimen nur rd. 5 % der Samen, was außergewöhnlich wenig ist.
Herstellung des zuckerfreien Süßungsmittels Stevia
Obwohl Stevia ursprünglich aus pflanzlichen Rohstoffen, nämlich der Stevia-Pflanze, erzeugt wurde, ist die Stevia-Süße ein relativ hoch verarbeitetes Produkt. Verwendet wird das Steviolglykosid, welches in den Blättern der Stevia-Pflanze vorkommt. Stevia-Blätter enthalten acht verschiedene Glycoside – Steviosid macht den größten Anteil von bis zu 18 Prozent aus und ist das interessanteste für die Erzeugung dieses zuckerfreien Süßungsmittels.
Als Vergleich zur gekauften Süße kann man auch einmal einen Stevia-Sud selbst herstellen:
Zuckerfreier Stevia-Süßungsmittel-Aufguss (Sud)
- 500 ml Wasser aufkochen
- 2 EL Stevia-Blätter zufügen und 10 Minuten leicht köcheln bzw. ziehen lassen
- Abkühlen lassen, abseihen und in eine verschließbare Flasche abfüllen
- Kühl stellen und als Süßungsmittel verwenden
Stevia und zuckerfreie Süßigkeiten – Anwendungen
Nachdem die Zuckerlobby lange versucht hat, Stevia zu diskreditieren, wurden Steviolglykoside seitens der EU im Dezember 2011 als Süßungsmittel freigegeben, dabei wurde auch eine Tageshöchstmenge festgelegt. In der EU-Verordnung finden sich folgende Produkte, bei denen Stevia angewendet wird:
- 01.4 Aromatisierte fermentierte Milchprodukte, auch wärmebehandelt
- 03 Speiseeis
- 04.2.2 Obst und Gemüse in Essig, Öl oder Lake
- 04.2.4.1 Zubereitungen aus Obst und Gemüse, ausgenommen Kompott
- 04.2.5.1 Konfitüre extra und Gelee extra gemäß der Richtlinie 2001/113/EG
- 04.2.5.2 Konfitüren, Gelees, Marmeladen und Maronenkrem gemäß der Richtlinie 2001/113/EG
- 04.2.5.3 Sonstige ähnliche Brotaufstriche aus Obst oder Gemüse
- 05.1 Kakao- und Schokoladeprodukte im Sinne der Richtlinie 2000/36/EG
- 05.2 Sonstige Süßwaren, auch der Atemerfrischung dienende Kleinstsüßwaren
- 05.3 Kaugummi
- 05.4 Verzierungen, Überzüge und Füllungen, ausgenommen Füllungen auf Fruchtbasis der Kategorie 4.2.4
- 06.3 Frühstücksgetreidekost
- 07.2 Feine Backwaren
- 09.2. Fisch und Fischereiprodukte, einschließlich Weich- und Krebstiere, verarbeitet
- 11.4.1 Tafelsüßen, flüssig
- 11.4.2 Tafelsüßen in Pulverform
- 11.4.3 Tafelsüßen in Tablettenform
- 12.5 Suppen und Brühen
- 12.6 Soßen
- 13.2 Diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke gemäß der Richtlinie 1999/21/EG (ausgenommen Produkte der Lebensmittelkategorie 13.1.5)
- 13.3 Lebensmittel für eine gewichtskontrollierende Ernährung, die eine gesamte Tagesration oder eine Mahlzeit ersetzen soll (ganz oder teilweise)
- 14.1.3 Fruchtnektare gemäß der Richtlinie 2001/112/EG des Rates und Gemüsenektare und gleichartige Produkte
- 14.1.4 Aromatisierte Getränke
- 14.2.1 Bier und Malzgetränke
- 14.2.8 Sonstige alkoholische Getränke einschließlich Mischgetränken aus alkoholischen und nicht alkoholischen Getränken und Spirituosen mit einem Alkoholgehalt von weniger als 15 %
- 15.1 Knabbereien auf Kartoffel-, Getreide-, Mehl- oder Stärkebasis
- 15.2 Verarbeitete Nüsse
- 16 Dessertspeisen, ausgenommen Produkte der Kategorien 1, 3 und 4
- 17.1 Nahrungsergänzungsmittel in fester Form, einschließlich Kapseln, Komprimaten und ähnlichen Formen
- 17.2 Nahrungsergänzungsmittel in flüssiger Form
- 17.3 Nahrungsergänzungsmittel in Form von Sirup oder in kaubarer Form
Zuckerfreie Stevia-Süßigkeiten, die bei Zuckerfrei Store erhältlich sind, sind fettgedruckt.
Die Palette an zuckerfreien Lebensmitteln in der Verordnung ist sehr umfangreich. Das Ziel ist es unter anderem, “neue brennwertverminderte Produkte in Verkehr zu bringen”. Hier reagiert die Politik eindeutig auf die zu hohe Zuckeraufnahme und die damit verbundenen Gesundheitsrisiken wie Übergewicht, Herz-Kreislaufprobleme, Verfettung und Diabetes. Zuckerfreie “brennwertverminderte” Lebensmittel sind nicht nur eine Thematik für kranke Menschen, sondern generell ein probates Mittel zur Reduktion der Energieaufnahme.
Es konnten keine gesundheitsgefährdenden Effekte der Stevia-Pflanze nachgewiesen werden, was die Voraussetzung für die Zulassung als zuckerfreies Süßungsmittel war.
Stevia und zuckerfreie Süßigkeiten, für wen und warum
Stevia – ideal für Diabetiker und Übergewichtige
Zuckerfreie Süßigkeiten, die mit Stevia kalorienarm gesüßt sind, eignen sich ideal für alle Menschen, die weniger Zucker essen müssen oder wollen. Der Kaloriengehalt ist sehr gering, daher ist Stevia gut geeignet für übergewichtige Menschen und solche, die an Adipositas leiden. Auch Diabetiker können Stevia genießen, ohne dass ihr Blutzuckerspiegel entgleist. Egal, ob zuckerfreie Schokolade, Pralinen, Proteinriegel oder Eiweißdrinks, Kekse oder Gebäck, zuckerfreie Kuchen oder Süßigkeiten, dieses Süßungsmittel hat wie alle Vor- und Nachteile.
- Sehr kalorienarm, wenig Energieaufnahme für den Körper
- Wenig bis kein Einfluss auf den Blutzuckerspiegel, niedriger glykämischer Index
- Beugt Heißhungerattacken vor
- Hohe Süßkraft, je nach Konzentration 30 – 300 x süßer als Rübenzucker
- Schont die Zähne
- Hitzestabil, daher geeignet für Backwaren und Heißgetränke
Der Karamellgeschmack bzw. die leichte Bitternote sind die Hauptkritikpunkte an Stevia. Der süße Geschmack setzt im Vergleich zu Zucker später ein, weshalb man Stevia oft mit Zucker oder mit anderen Süßungsmitteln oder Süßstoffen ergänzt. Manche Produkte funktionieren besser, manche schlechter mit Stevia. Wir finden, dass Schokolade und Stevia gut harmonieren, weniger gut macht sich unserer Meinung nach beispielsweise bei Joghurt ohne Zuckerzusatz. Es gibt keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass Stevia blutdrucksenkend oder gefäßerweiternd ist (wie dies bei manchen indigenen Bevölkerungsgruppen in Paraguay angenommen wird), deshalb sind gesundheitsfördernde Angabe bei Stevia-Produkten nicht zulässig.
Wichtig und gut zu wissen bei Stevia als zuckerfreiem Süßungsmittel für zuckerfreie Süßigkeiten:
- Steviolglykoside sind keine einzelne Substanz, sondern stets ein Gemisch aus unterschiedlichen Substanzen mit wechselnden Anteilen
- Steviakraut und Stevia-Extrakt ist nicht das Gleiche, sondern rechtlich gesehen unterschiedliche Produkte
- Steviakraut und andere Teile der Stevia-Pflanze sind als Lebensmittel in der EU nicht zugelassen. Erlaubt ist nur das verarbeitete Steviolglykosid E960.
Dennoch dürfen Stevia-Blätter seit 2017 zu Kräuter- und Früchtetees zugegeben werden, was eine gewisse Unlogik der Vorschriften darstellt.
Stevia und zuckerfreie Schokolade – Herstellung
Das zuckerfreie Süßungsmittel Stevia ist ein verarbeitetes Produkt und nicht nur ein simpler Kräuterauszug. Die Herstellung erfolgt mehrstufig:
- Wässrige Extraktion aus den Blättern der Stevia-Pflanze
- Reinigung des Extraktes
- Rekristallisation der Steviolglykoside, das Endprodukt besteht aus Rebaudiosid A und anderen Steviolglykosiden
Stevia ist danach ein weißes, kristallines Pulver ohne nennenswerten Geruch, alternativ entfällt die Rekristallisation und die Stevia Süße kommt flüssig zum Einsatz: als zuckerfreie Stevia Tafelsüße, als Tropfen oder in Tablettenform.
Stevia – zuckerfreies Süßungsmittel – Quellen
Kienle, Udo, 1993:
Einfluß von Bewässerung und Schnittfolge auf den Ertrag von Stevia rebaudiana in
Südspanien, Dissertation, Universität Göttingen, 1993